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Neuer Test zur Früherkennung der Lyme Borreliose

Die Wanderröte (Erythema migrans) ist ein typisches Anzeichen der Borreliose, bei der sich die verursachenden Bakterien im Körper ausbreiten und in der Haut ihre Spur hinterlassen. Allerdings verläuft die Hälfte der Infektionen ohne solche Hautzeichen, sodass man bei Verdachtsfällen auf einen Labortest angewiesen ist. Ein neuer Test zur Früherkennung der Lyme-Borreliose beschleunigt die Identifizierung von Wochen auf wenige Tage.

Testverfahren auf Lyme-Borreliose: Ein schwieriges Thema

Alle Labortests auf Lyme-Borreliose haben mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen. Das Bakterium Borrelia burgdorferi ist mit direkten Techniken nur schwer nachweisbar. Dazu zählt der selten angewendete direkte Erregernachweis durch Kultivierung von Hautproben des Erythems im Labor. Die sogenannte Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erlaubt Vervielfältigung und Nachweis typischer DNA-Abschnitte aus Gelenkflüssigkeit, wenn bereits eine Lyme-Arthritis vorliegt.


Antikörper-basierte Tests sind im Vergleich einfacher durchzuführen, aber ihre Sensitivität steigt nur langsam mit dem Fortschreiten der Infektion. Weniger als die Hälfte der Patienten, die sich mit einem Erythema migrans vorstellen, sind zu diesem Zeitpunkt seropositiv.

Die meisten Tests finden bei Patienten statt, die voraussichtlich eher keine Infektion haben, was die Wahrscheinlichkeit für ein falsch-positives Ergebnis erhöht.

Zudem können die momentanen Testverfahren nicht zwischen einer aktiven und einer zurückliegenden Infektion unterscheiden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe teils obskurer Testverfahren, die in keiner Weise validiert sind.

Wie testet man im Labor auf Lyme-Borreliose?

Normalerweise detektiert man die Lyme-Borreliose durch den Nachweis gegen Borrelia gebildeter Antikörper mit zwei unterschiedlichen Methoden.

Zunächst kommt ein Enzyme-linked Immosorbent Assay (ELISA) zum Einsatz. Auf Mikrotiterplatten findet eine Reaktion der Antikörper des Patienten mit Borrelia-Antigenen statt, die man aus ultraschallbehandelten Bakterienkulturen (Lysaten) gewinnt. Eine Farb- oder Lichtreaktion weist diese Bindung nach.

Ist dieser Test positiv oder grenzwertig, folgt ein Western Blot. Hierzu trennt man das Patientenserum in einem elektrischen Feld in einer Gelmatrix auf und transferiert die Proteine auf eine Membran. Auf dieser lässt man ähnlich wie beim ELISA eine Antigen-Antikörper-Reaktion ablaufen, die die entsprechenden Antikörper im Blut als Banden erkennbar macht. Liegt die Infektion mehr als einen Monat zurück, verwendet man lediglich Immunglobulin G. Ist sie frischer, kommt ein Western Blot mit Immunglobulin M hinzu. Auch hier benutzt man als Antigene Lysate von Borrelia burgdorferi-Kulturen.

Zwei Methoden, viel Zeit, unpräzise Ergebnisse

Beide Tests sind bezüglich Sensitivität, Spezifität, Reproduzierbarkeit und Standardisierung wenig zufriedenstellend. Bis zu 70 Prozent der ELISA-Tests führen zu einem negativen Ergebnis, obwohl eine Infektion vorliegt. Oftmals liegt das daran, dass man zu wenige rekombinanten Antigene oder Bakterienlysate verwendet oder sie falsch kombiniert. Zurzeit kursieren über dreißig verschiedene ELISA-Tests mit unterschiedlichen Zutaten in den Laboren. Zudem wächst die Anzahl neuer Borrelia burgdorferi-Stämme mit veränderten antigenen Eigenschaften.

Ein Problem mit den Lysaten aus Borrelia-Kulturen: Wichtige Antigene fehlen, die die Bakterien erst nach Infektion im menschlichen Körper bilden. Das ist eine relativ neue Erkenntnis, die man 1994 bei Einführung des ELISA/Western Blot-Testverfahrens noch nicht hatte. Zudem sind die Lysate voll mit Antigenen, die Antikörper unspezifisch binden. Sie liegen in ähnlicher Form auch bei anderen Bakterien vor und sorgen bei serologischen Tests für falsch positive Resultate.

Hinzu kommt ein spezieller Nachteil von Western Blots: Man muss sie per Auge auswerten, was die Fehlerquote durch falsche Interpretationen erhöht.

Zudem dauert es mindestens drei Wochen, bis der Spiegel der entsprechenden Immunglobuline im Blut so hoch ist, dass sie sich mit den beiden Methoden nachweisen lassen. Dabei wäre der möglichst frühe Nachweis der Erreger am wichtigsten, denn nur dann ist eine antibiotische Therapie erfolgreich und lassen sich Spätfolgen und Komplikationen vermeiden

Ein neues Testverfahren wird vorgestellt

In einer neuen Studie der Universitäten Yale und Harvard, der Rutgers University und des National Institute of Allergy and Infectious Diseases des US-amerikanischen National Institute of Health (NIH) wurde im Dezember 2017 ein neues Testverfahren vorgestellt, das wesentlich schneller arbeitet und eindeutigere Ergebnisse liefert.

Eine wesentliche Verbesserung ist darauf zurückzuführen, dass man für die serologischen Tests als Antigene nicht mehr Komplettlysate der Bakterien verwendet, sondern gentechnisch hergestellte Antigene und synthetische Peptide. Damit kann man auch Antigene verwenden, die die Bakterien erst nach Infektion bilden und jene ausschließen, die diagnostisch unbrauchbar sind, aber zu falsch positiven Ergebnissen führen.

Diese Antigene und Peptide werden nicht mehr in Western Blots, sondern in zwei NextGeneration ELISAs verwendet, die einfacher und schneller durchführbar sind und eindeutigere Ergebnisse liefern. Damit ließe sich die Rate falsch positiver und falsch negativer Resultate deutlich reduzieren. ELISA-Tests kann man maschinell auswerten, sodass die beim Western Blot notwendige Fehlerquelle Mensch entfällt.

Was bringt die Zukunft?

Ob das neue Testverfahren endlich einen Durchbruch bringt, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall dringend erforderlich wäre eine Standardisierung der Testverfahren, um Ergebnisse miteinander vergleichen zu können.

Üblicherweise geben die zuständigen Stellen für solche Fragestellungen sogenannte Leitlinien heraus. Eine verbindliche und gut fundierte S3-Leitlinie mit wissenschaftlich evaluierten Diagnose- und Behandlungsempfehlungen fehlt jedoch. Bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) gibt es bisher nur zwei S1-Leitlinien zur Neuroborreliose und der kutanen Lyme-Borreliose. Auch die Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose der Deutschen Borreliose-Gesellschaft (DBG) ist da nur von begrenztem Wert.

Vielleicht ermöglicht das neue Textverfahren von Branda et al. endlich eine Einigung und führt zur Herausgabe einer S3-Leitlinie. Besonders für die Früherkennung der Lyme-Borreliose wäre das von Interesse, da sich hier die Erkrankung noch gut mit Antibiotika behandeln lässt und noch keine Folgeschäden und Komplikationen vorliegen, die in der Klinik die meisten Probleme verursachen.

Quellen und weiterführende Literatur

  1. Originalartikel: Branda JA, Body BA, Boyle J, Branson BM, Dattwyler RJ, Fikrig E, Gerald NJ, Gomes-Solecki M, Kintrup M, Ledizet M, Levin AE, Lewinski M, Liotta LA, Marques A, Mead PS, Mongodin EF, Pillai S, Rao P, Robinson WH, Roth KM, Schriefer ME, Slezak T, Snyder J, Steere AC, Witkowski J, Wong SJ, Schutzer SE.: Advances in Serodiagnostic Testing for Lyme Disease Are at Hand. Clin Infect Dis. 2017 Dec 7. doi: 10.1093/cid/cix943. [Epub ahead of print].
  2. Möchten Sie mehr über die Kriterien einer S3-Leitlinie erfahren, finden Sie hierzu bei der AWMF eine vorbildliche Aufstellung der Kriterien hier>>.
  3. Marques AR.: Laboratory diagnosis of Lyme disease: advances and challenges. Infect Dis Clin North Am. 2015 Jun;29(2):295-307. doi: 10.1016/j.idc.2015.02.005. Review.
  4. Spreer A, Rauer S, Wilking H, Fingerle V.: Herausforderung Neuroborreliose. 2016 Dec;87(12):1288-1292. Review.
  5. Waddell LA, Greig J, Mascarenhas M, Harding S, Lindsay R, Ogden N.: The Accuracy of Diagnostic Tests for Lyme Disease in Humans, A Systematic Review and Meta-Analysis of North American Research. PLoS One. 2016 Dec 21;11(12):e0168613. doi: 10.1371/journal.pone.0168613. eCollection 2016.
  6. Ružić-Sabljić E, Cerar T.: Progress in the molecular diagnosis of Lyme disease. Expert Rev Mol Diagn. 2017 Jan;17(1):19-30. Epub 2016 Nov 28. Review.